Vor kurzem wurde unsere MTBO-Athletin Jana Hnilica bei der Justizwache ins Programm ATHLETA2025 aufgenommen. Aus diesem Anlass haben wir sie zu einem persönlichen Gespräch über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eingeladen.
OrienteeringAustria (OA): Wie bist du zum Orientierungssport und zum MTBO gekommen?
Jana Hnilica (JH): Seit ich auf der Welt bin, war ich mit Mama, Papa, Lea und Hannes (Anm.: Geschwister von Jana) bei nationalen und internationalen Fuß-OLs und bald auch bei MTBOs und Ski-OLs dabei. 2016 bin ich dann in den MTBO- und Fuß-OL Jugendkader aufgenommen worden. 2017 habe ich in beiden Sparten eine Silbermedaille gewonnen (MTBO Jugend EM und ISF-Schulweltmeisterschaft). Im Juniorenalter habe ich die Chance auf mehr Erfolge gesehen, indem ich mich leistungsmäßig auf eine Sparte konzentriere und die anderen als Hobby weitermache. Die Wahl ist da auf MTBO gefallen, weil mir einerseits die Sportart selbst, als auch der Kader-Teamspirit getaugt haben.
OA: Was ist das Faszinierende am MTBO?
JH: Das Faszinierende am MTBO ist für mich diese intensive Kombination aus physischen und kognitiven Komponenten. Bei sehr hohem Tempo und unter voller körperlicher Anstrengung muss der Kopf trotzdem noch so gut funktionieren, dass man den Kartenkontakt und das Routenplanen nie vernachlässigt und nebenbei auch keine Wurzeln und Löcher übersieht. Ein zweiter für mich persönlich sehr faszinierender Punkt sind die Stimmung und der Zusammenhalt die bei der internationalen MTBO-Community – „mtbofamily“ – herrschen.
OA: Über welche sportlichen Erfolge hast du dich besonders gefreut?
JH: Das ist eine gute Frage, da gibt es einige. Um die Motivation aufrecht zu halten sind Erfolge natürlich immer von Vorteil. Der erste Meilenstein war also mit meiner ersten Medaille bei der Jugend-EM 2017 gelegt. Allgemein international würde ich sagen alle Teilnahmen an Siegerehrungen, besonders wenn dabei eine Medaille herausgeschaut hat (U23-WM: Gold 2024; Junioren-WM: Staffelsilber 2018; Junioren-EM: Silber 2022; Jugend-EM: Gold 2019, Silber 2017, Bronze 2019), national meine ersten Elite-Siege und mein erstes Staatsmeisterschafts-Gold.
Eigentlich war der nächste wirklich große Meilenstein die Aufnahme bei der Justiz.
OA: Du bist jetzt eine der ersten Spitzensportler:innen, die bei der österreichischen Justizwache ins Projekt „Athleta 2025“ aufgenommen wurden. Warum hast du dich dafür entschieden, dich dafür zu bewerben? Wie ist das Aufnahmeverfahren abgelaufen?
JH: Im Herbst habe ich alle Bewerbungsunterlagen geschickt, Mitte Jänner war ich dann beim ersten Teil der Aufnahmeprüfung – der zur Justizwachbeamtin – Rechtschreiben, Kopfrechnen, Allgemeinwissen und eine Art Konzentrationstest. Der zweite Teil war ein mündliches psychologisches Aufnahmegespräch. Ende Jänner ist dann schon die Zusage gekommen.
OA: Warum das Ganze?
JH: Naja, der ersichtliche Grund ist natürlich, dass ich meinen Sport professionell ausüben kann. Der weniger offensichtliche Teil ist, dass ich sehr daran interessiert war, Ergotherapeutin in einer Justizanstalt zu werden, weshalb das für mich sehr gut mit meinen Interessen in Einklang zu bringen ist. Zusätzlich macht man bei dem ATHLETA Projekt ja die Berufsausbildung zur Justizwachbeamtin, was für das Leben nach der sportlichen Karriere eine tolle Arbeitsmöglichkeit bietet!
OA: Wie viele andere Athlet:innen wurden aufgenommen und welche Sportarten sind außer MTBO vertreten?
JH: Insgesamt hat es für die 97 Bewerber und Bewerberinnen 30 Plätze gegeben, wir sind jetzt 29 (15 Athletinnen und 14 Athleten). Es sind ca. 20 Sportarten vertreten, eine gute Mischung aus Sommer- und Wintersport.
OA: Welche Ausbildung absolvierst du jetzt bei der Justizwache? Welche Chancen ergeben sich für deine sportliche Karriere?
JH: In den ersten zweieinhalb Jahren mache ich die Grundausbildung für die Justizwache. Diese ist für uns Sportler auf einen längeren Zeitraum und Module aufgeteilt worden. Dadurch haben wir die Möglichkeit, uns einen Großteil des Jahres wirklich voll auf den Sport konzentrieren zu können.
OA: Was bedeutet es für dich, in einer Justizanstalt zu arbeiten?
JH: Bis ich endgültig in einer Justizanstalt arbeiten werde, habe ich hoffentlich noch viele sportliche Jahre vor mir! Wenn es dann so weit ist, komme ich gerne auf die Frage zurück. Aber natürlich freue ich mich über diese tolle Möglichkeit.
OA: Was sind die Highlights der heurigen MTBO-Saison? Welche Ziele setzt du dir?
JH: Neben den nationalen Meisterschaften, bei denen man natürlich immer sein Bestes geben will, sind die internationalen Highlights heuer über die ganze Saison verteilt. Die Europameisterschaft findet schon im Mai in Litauen, die Weltmeisterschaft im August in Polen und die U23-Weltmeisterschaft + Weltcup im September in Bulgarien statt. Mein Hauptfokus liegt heuer ein letztes Mal auf der U23-WM, da habe ich ja einen Titel zu verteidigen.
OA: Wie sieht dein Trainingsalltag aus?
JH: Ich mache eine gute Mischung aus MTBO, MTB, Rennrad und Trockentrainings. Leider trainiere ich oft alleine, manchmal aber auch gemeinsam mit meinem Bruder – je nachdem ob unsere Trainings zusammenpassen oder nicht. Sonst haben wir während der ganzen Saison coole Trainingslager mit dem Kader.
OA: Du warst/bist ja auch fleißig am Studieren – welche Berufsausbildungen hast du bereits absolviert und was strebst du noch an?
JH: Also ich habe 2020 die HTL Matura (Biomedizin und Gesundheitstechnik – Technik und Sport) gemacht und gleich im Anschluss einen Bachelor im technischen Bereich (Human Factors and Sports Engineering) absolviert. Parallel zur Bachelorarbeit habe ich im Herbst 2023 gemeinsam mit meiner Schwester die Berufsausbildung zur Rettungssanitäterin gemacht, da fahre ich jetzt als Freiwillige in Wien. Vergangenen Herbst habe ich auf der FH in Wiener Neustadt das Ergotherapie Studium begonnen, was mir auch sehr gefällt. Das werde ich allerdings spätestens mit Ende dieses Semesters ruhend stellen. Wenn ich schon die Möglichkeit bekomme, eine Randsportart, die der Orientierungssport ja ist, professionell auszuüben, dann will ich die auch so nutzen, dass dabei noch bessere Erfolge rausschauen. Und wie man bei Hannes Hnilica (MTBO) und Jannis Bonek (Fuß-OL), die sich ja beide zu 100% auf ihren Sport fokussieren, sieht, funktioniert das gut.
OA: Dein Bruder Hannes ist ja Leistungssportler beim Bundesheer. Warum ist es so wichtig, dass der öffentliche Dienst die Karriere von Spitzensportler:innen unterstützt?
JH: Gerade wenn man Sportarten betreibt, die nicht olympisch oder militärisch sind, ist es quasi unmöglich, diese professionell auszuüben. Durch die Unterstützung vom öffentlichen Dienst bekommt man die Chance, das zu ändern. Ich sehe das ganze als win-win Situation. Die Sportler bekommen die Möglichkeit, als Profis ihrer Karriere nachzugehen, der öffentliche Dienst wird sehr gut repräsentiert und fällt in der Gesellschaft mehr auf.
OA: Welche Tipps gibst du jungen Orientierungssportler:innen mit auf den Weg?
JH: Um das zu beantworten, muss ich den Nachwuchs in zwei Gruppen aufteilen. Das coole am Orientierungssport ist ja, dass man ihn als Leistungssport betreiben kann, es aber auch die Option gibt, das ganze einfach als Hobby zu betreiben!
Für alle Hobbyläufer und Hobbyläuferinnen: Habt Spaß an der Sache! Schaut, dass ihr in einer Kategorie teilnehmt, wo die Streckendaten so sind, dass ihr gerne fahren/laufen wollt. Für alle die, die in einem Kader sind, oder anstreben, hineinzukommen: Auch da ist für mich der Spaß am Sport immer ein sehr wichtiges Thema gewesen. Mit Spaß allein werden die Erfolge allerdings nicht kommen. Je jünger man mit dem Orientieren beginnt, desto mehr Grundlage ist natürlich da, lernen ist allerdings in jedem Alter noch möglich. Verschiedene Sparten des Orientierungssports als Ausgleich zu machen kann dabei auch sehr förderlich sein. Ein hilfreicher Tipp für alle: Lasst euch was von erfahreneren, erfolgreichen Läufern sagen, fragt sie nach ihren Rennen oder ob sie mit euch eure Rennen analysieren und euch Tipps für die Zukunft geben können!
Vielen Dank liebe Jana! Wir gratulieren dir nochmals recht herzlich und freuen uns auf viele weitere Erfolge bei Orientierungs-Wettkämpfen!